[Rezension] "Der letzte Weg" von Eve Smith

Klappentext: 

Bevölkerungsschwund, Bioterrorismus und Medikamentenknappheit gehören im England der nahen Zukunft zum Alltag. Die Regierung hat deshalb ein ebenso radikales wie fatales Gesetz erlassen: Personen über siebzig bekommen keine Antibiotika mehr. Werden sie krank, bleibt ihnen nur noch das Warten auf den Tod oder der Suizid. Kate ist Krankenschwester, doch statt ihre Patienten gesund zu pflegen, hilft sie ihnen nun beim Sterben. Nach einem dramatischen Ereignis beschließt Kate, sich auf die Suche nach ihrer Mutter zu machen, und stößt auf ein lange gehütetes Geheimnis ...


Meine Meinung: 

"Der letzte Weg" von Eve Smith hat mein Interesse aufgrund des Spannung versprechenden Klappentexts geweckt, deutet dieses doch ein sehr realistisches Thema für die Zukunft und ein damit verbundenes moralisches Dilemma an. Die Handlung ist generell durchaus gelungen, wenngleich ich auch schon vorab gestehen muss, dass mir das Buch nicht vollends gefallen hat. 

Der Roman spielt in verschiedenen Zeitzonen. Vorrangig behandelt er England in naher Zukunft, wo aufgrund von Antibiotikaresistenz inzwischen viele zuvor leicht zu behandelnden Krankheiten wie beispielsweise eine Blasenentzündung zum Tod führen kann. Hinzu kommt, dass aufgrund Medikamentenknappheit ein Gesetz existiert, dass die Herausgabe von Antibiotika an über siebzigjährige verboten ist. Vielmehr werden sie sich selbst bzw. dem möglichen Tod überlassen. Selbstmord und unterstützte Sterbehilfe sind zu einer Selbstverständlichkeit geworden, wenngleich dies unterschiedlich von der Gesellschaft akzeptiert wird. 
In dieser nahen Zukunft werden die Ereignisse aus Sicht der Krankenschwester Kate, deren Familie und Lily, einer fast siebzigjährigen Bewohnerin einer betreuten Wohneinrichtung erzählt. Dadurch erhält man einen sehr guten Gesamtüberblick über die Gegebenheiten und kann die Handlung aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten und sich so gut seine eigene Meinung bilden. 
Nach und nach arbeiten Kapitel immer wieder die Gegebenheiten auf, die zu der Situation der im Roman behandelten Gegenwart geführt haben. Dabei ist die Vergangenheit sehr eng mit der Kates und Lilys Gegenwart verknüpft. Der volle Zusammenhang wird erst zum Schluss komplett aufgedeckt, wobei man bereits sehr schnell einen sehr guten Durchblick gewinnen kann und grundlegende Verbindungen sehr schnell erahnt. 
Die Figuren in diesem Roman sind mit Ausnahme von Kate und Lily leider etwas farblos gestaltet, weshalb es anfangs manchmal ein wenig schwer fällt sie immer ganz zu unterscheiden. Während man Kate bereits zu Beginn sehr gut kennenlernt und ihre Sicht aufs Leben immer sehr gut durchschimmert, bleibt Lily zunächst ein wenig rätselhaft, was jedoch ihre Figur auch ausmacht. Sie hält sich aus bestimmten Gründen bedeckt, ist zugleich aber auch überaus neugierig. 

Eve Smith Schreibstil in diesem Roman war mir persönlich leider ein wenig zu sachlich und teilweise etwas lieblos. Echte Momente voller Dramatik sucht man vergeblich, so dass keine wirklichen Spannungsspitzen erzeugt wird. Vielmehr verläuft die Handlung kontinuierlich mit kleinen Wendungen, die aber jeweils nur kurz überraschen können. 
Erst zum Ende hin überschlagen sich die Ereignisse ein wenig und man hat ein wenig das Gefühl, dass dieses überstürzt und unfertig wirkt. Letztendlich bleiben Fragen offen, die unbeantwortet bleiben, so dass man etwas ratlos zurückgelassen wird. 
Generell ist dies kein schlechter Roman. Jedoch hätte ihm etwas mehr Dramatik gutgetan, um wirklich als angepriesener Thriller wahrgenommen zu werden. Die Autorin hätte dem Ende mehr Zeit widmen sollen, um so den Roman auch in sich abschließen zu können. 
Der Roman punktet vor allem durch sein überaus realistisches Thema, welches viel Potential für Spannung bietet. Jedoch wird dieses Potential nicht so recht ausgeschöpft. Vielmehr reißt der Roman immer wieder das Thema an ohne so richtig in die Tiefe zu gehen. 

Fazit: 
"Der letzte Weg" von Eve Smith ist generell sehr gut geschrieben, allerdings fehlt dem Roman ein wenig echte Dramatik und das Ende wirkt etwas vorschnell und unfertig. Es bleiben Fragen offen, so dass die Handlung nicht abgeschlossen wirkt. Hier punktet vor allem das realistische zukünftig immer stärker werdende Thema "Antibiotikaresistenzen" und seine beiden Hauptfiguren, die verschiedene Sichtweisen auf die Geschehnisse bieten. 
Für diesen Roman kann ich, so wie er ist, leider nur eine bedingte Leseempfehlung ausprechen!

Note: 3 (💗💗💗)



                                                                                                 

Buchinformationen:

Aus dem Englischen von Beate Brammertz
Originaltitel: The Waiting Rooms
Originalverlag: Orenda Books
Paperback , Broschur, 448 Seiten, 13,5 x 20,6 cm
ISBN: 978-3-453-32169-4
Erschienen am  10. Januar 2022
€ 15,00 [D] inkl. MwSt.
€ 15,50 [A] | CHF 21,90 * (* empf. VK-Preis)

Autoreninfo: 

Eve Smith arbeitete für eine Umweltorganisation in Afrika, Asien und Nord- und Südamerika, ehe sie sich ganz dem Schreiben von Romanen widmete. Ihr Debütroman „Der letzte Weg“ war für den Bridport Prize First Novel Award nominiert.


Quellen Klappentext, Buchinformationen & Autoreninfo: Randomhouse Verlag




Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Gemeinsam Lesen #146

[Gemeinsam lesen] 11.10.2016

[Gemeinsam lesen] 22.11.2016